Urkunde 1930

Die Urkunde, im Original bis auf wenige Ausnahmen in Sütterlinschrift verfasst, wurde von Leonhard Niesen 1930 aufgestellt. Dies ergibt ein Vergleich mit handschriftlichen Briefen von Leonhard Niesen aus dieser Zeit. In der vorliegenden Ausführung auf Pergamentpapier, ist die Urkunde nicht unterzeichnet. Zu welchem Zwecke sie genau angefertigt wurde, kann nicht mehr in Erfahrung gebracht werden. Sie bietet jedoch einen Einblick in die Motivation zur Errichtung der Kapelle sowie eine Zusammenfassung von der Grundsteinlegung bis zum Zwischenstadium 1930. Die Fortführung der Innenausstattung ab diesem Zeitpunkt, ist im Beitrag „Ein Eifelkirchlein“ beschrieben. Zur besseren Lesbarkeit wurden im nachfolgenden Urkundentext einige Leerzeilen eingefügt. (Rudolf Müller, Welschbillig den 14.11.2015)

Urkunde

zum Neubau der Rochuskapelle zu Hoorhof, Pfarrei Bettingen

Im Jahre des Heiles 1928 – Donnerstag, den 31. Mai -, als Papst Pius XI. Statthalter Christi auf Erden war, der hochwürdigste Herr Bischof Dr. Franz Rudolf Bornwasser in Trier der Kirche des hl. Eucharius vorstand, der hochwürdige Herr Pfarrer Brenner und hierauf der hochwürdige Herr Pfarrer Alt die Pfarrei Bettingen verwalteten, als Generalfeldmarschall v. Hindenburg Präsident des Deutschen Reiches war, im zehnten Jahre nach Beendigung des für unser teures deutsche Vaterland überaus unheilvollen Weltkrieges, ist der erste Stein dieses zu Ehren des hl. Rochus neu errichteten Gotteshauses gelegt worden.

– Die frühere Rochuskapelle zu Hoorhof stand etwa 20-30 Meter weiter östlich, hart rechts von dem Wege, der von Olsdorf nach der Provinzialstraße führt. Sie wurde im Jahre 1869 wegen Baufälligkeit für den gottesdienstlichen Gebrauch geschlossen, blieb aber trotzdem noch viele Jahre hindurch das Ziel mancher Pilger, die dort Hilfe gegen Geschwüre und ähnliche Leiden suchten und fanden. Wenn auch unser Vater (Valentin Niesen) im Jahre 1878 eine größere Ausbesserung des Mauerwerkes vornehmen ließ, so vermochte dies den weiteren Verfall der Kapelle doch nicht mehr aufzuhalten; im Jahre 1910 wurde das Mauerwerk völlig abgetragen.

Bis zum Jahre 1908 befand sich der alte Holzaltar in der Kapelle; er hatte unter den Witterungseinflüssen, denen er seit längerer Zeit ausgesetzt war, stark gelitten. Es erwiesen sich sofortige Maßnahmen als durchaus geboten, sollte nicht abermals ein wertvolles Erzeugnis alter heimatlicher Kunstfertigkeit verloren gehen. (Nach einer glaubwürdigen Überlieferung soll der Altar nämlich aus einem Kloster zu Neuerburg (Krs. Bitburg) stammen, woselbst sich bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine klösterliche Kunstwerkstätte befunden habe.) So wurde denn der Altar 1908 dem Bildhauer Pelizäus u. dem Schreinermeister Schirutschky, beide zu Saarbrücken, zur Ausbesserung u. Wiederherstellung übergeben. Das beiliegende Lichtbild 1 zeigt den Altar in der ausgebesserten Form. Die zum Altar gehörigen Statuen der Muttergottes u. des hl. Rochus ließen sich wegen ihrer großen Schadhaftigkeit nicht mehr ausbessern, wohl aber die des hl. Gangolf; sie befindet sich zu oberst des jetzigen Altares. In der früheren Kapelle trug der Altar über der Statue des heiligen Gangolf noch einen ovalen Holzrahmen, in welchem sich ein Kruzifix aus Metall befand. Dieser Rahmen bildete nur mehr Bruchstücke, die von den Bildhauer P. teilweise wieder zusammengestellt, teilweise neu ergänzt worden sind. In diesem Rahmen befindet sich heute ein Bild vom hl. Herzen Jesu, gemalt auf die ursprüngliche Eichenholzplatte.

– Am 27. Januar 1927 starb unser Bruder Wilhelm, der bis zum Jahre 1919 als Lehrer in Schweich/Mosel gewirkt hat. Dieser bestimmte letztwillig, dass nach seinem Tode sein Wohnhaus zu Schweich versteigert u. der Erlös zum Neubau der Rochuskapelle verwandt werde. Dieses Vermächtnis ergab eine Bausumme von 10.000 M, sodaß im folgenden Jahre begonnen werden konnte. Der Bauplan wurde von unserem alt = u. bestbewährten Baumeister Jakob Marx zu Koosbüsch entworfen, die Ausführung übernahm der Bauuntern. Nikol. Fandel zu Bettingen. Der Rohbau mit Verputz u.s.w. wurde in den Jahren 1928/29 ausgeführt. Damit war die zur Verfügung stehende Bausumme des Bruders Wilhelm gänzlich erschöpft; die Innenausstattung musste aus laufenden Ersparnissen bestritten werden.

Die Fenster lieferte die Firma Binzfeld – Trier. Die ovalen Fenster im Chor stellen die Namenspatrone unseres Vaters Valentin Niesen u. unserer Mutter Katharina Hoor dar. Die Wiederherstellung der alten Kapelle war unser Eltern zeitlebens ein ernstes Ziel; leider fehlten ihnen die zur Errichtung notwendigen Mitteln. So glaubten wir Kinder, Ihnen ein Ehrenmal zum Dank für Ihre Mühen setzen zu müssen. Das ovale Turmfenster ist dem Andenken des Bruders Wilhelm gewidmet, der als Lehrer ein eifriger Förderer des Kirchengesanges war.

– Beim Altar hielten wir einen Neubau für angebracht, weil mit sehr vieler Wahrscheinlichkeit der Altar in seiner ursprünglichen Form ein Bildaltar war, in den der Tabernakel nachträglich eingebaut worden ist. Dieser Neubau, verbunden mit einer allseitigen u. durchgreifenden Ausbesserung aller alten Bestandteile, ist von der kirchlichen Kunstwerkstätte Walter – Trier ausgeführt worden. Das Sakramentshäuschen wurde entfernt, damit der Tabern. tiefer zu stehen komme; umgekehrt wurden die Säulen durch Anbringung von Leuchterbänken gehoben, sodass über dem Tabernakel ein freier Raum für das Bild des Kirchenpatrons entstand. Ferner erhielt der Altar zwei neue Statuen: Muttergottes u. hl. Johannes.

– Von dem Bildhauer Guido Mayr zu Oberammergau wird ein (hauptsächlich) nach den Vorlagen des Münchener Malers Fugel gelieferter Kreuzweg in diesem Jahre geliefert werden; Guido Mayr ist der bekannte Darsteller des Judas in den Oberammergauer Passionsspielen 1922 und 1930.

– Die Kommunionbank ist, da diese Urkunde abgeschlossen wird, noch nicht vergeben.

– Die Schreinerarbeiten d. Kap. werden von Stephan Fischer zu Bettingen ausgeführt.

So stehe denn dieses Kirchlein Gott und seinen Heiligen zur Ehr und Verherrlichung, den Erdenpilgern zur Stärkung und Wehr, den abgestorbenen Christgläubigen zum Trost und zur ewigen Ruh!

Hoorhof am Aschermittwoch (5.3.) 1930.
(Unterschriften).

Altar noch mit Tabernakel und Sakarmentshäuschen

Altar noch mit Tabernakel und Sakarmentshäuschen